Von Jägersleuten und Raths-Kellers Schätzchen
Buntglasfenster wurde vor mehr als 100 Jahren gestiftet
Dass sie ein Schätzchen beherbergen, wenn sie künftig nicht nur den Bürgersaal, sondern auch den Raths-Keller in Rehburg betreiben, haben Sabine und Timo Janssen nicht geahnt. Obwohl dieses Schätzchen seit mehr als 100 Jahren zum Gebäude dazu gehört. Es geht um die Geschichte eines bunten Fensters, einiger Jägersleute und der Kunst der Glasmalerei.

Ab Juni 2025 werden Sabine und Timo Janssen zusätzlich zum Bürgersaal auch den Raths-Keller in Rehburg als Event-Gastronomie betreiben – und haben dann auch das Buntglasfenster in ihrer Obhut. ade
Wer mehr als andere zahlt, bekommt den Zuschlag. So ging es einst in Rehburg zu, wenn die Jagd neu verpachtet wurde. Gelegentlich führte das dazu, dass die überwiegend nicht allzu begüterten Rehburger das Nachsehen hatten. Um 1900 etwa, als die Jagd einem Herrn Meyer übertragen wurde, der fortan mit seiner Flinte auf Rehburgs Wild anlegte. Er muss gut bei Kasse gewesen sein. Sonst hätte Rehburgs ehemaliger Bürgermeister Werner Hübner ihn in seinem Buch „Rehburg – Geschichte einer kleinen Stadt“ wohl kaum als „Millionen-Meyer“ tituliert.
Wie er zu Millionen kam und woher er stammte, ist bis dato nicht in Erfahrung zu bringen gewesen. Stattdessen aber dieses: Herr Meyer wollte nicht allein auf Pirsch gehen und holte sich mit den Zahnärzten Alix und Greulich aus Hannover, dem Frauenarzt Benzinger aus Herford sowie dem hannoverschen Kunstglasmaler
Hubert Henning vier Freunde hinzu.

Auf einer der Scherben des Fensters haben die Stifter ihre Namen hinterlassen. ade
Es muss den Herren nicht nur in den Wäldern ausgesprochen gut gefallen haben, sondern auch im Städtchen selbst. Wie sonst ist zu erklären, dass die vier Männer, die Millionen-Meyer im Schlepptau hatte, dem Rathaus im Jahr 1911 ein prunkvolles Buntglasfenster stifteten?
Rechts und links sich reckende Putten, darüber Auerhahn und Gans. In der Mitte noch ein wenig Jugendstil und als krönender Abschluss das Wappen Rehburgs. So kam es vor mehr als einem Jahrhundert in den Treppenaufgang des Gebäudes, das damals im Obergeschoss das Rathaus beherbergte. Künstlerisch gestaltet und ausgeführt von einem, der vom Fach war: dem jagenden Kunstglasmaler Hubert Henning.

Erbaut von Wilhelm Meßwarb und seinerzeit das Rathaus:
Der Raths-Keller in Rehburg. ade
Henning teilte sich mit seinem Partner Andres in Hannover eine Glasmal-Werkstatt, die sich relativ schnell einen ausgezeichneten Namen gemacht hatte – insbesondere mit der Gestaltung von Kirchenfenstern. Rund 100 Kirchen allein in Niedersachsen sollen durch diese Werkstatt zu ihren schönen Ausblicken gekommen sein. Unter ihnen beispielsweise die evangelischen Kirchen in Estorf und Uchte.
In Rehburgs Raths-Keller befindet sich also ein profanes Schätzchen von renommierter Künstlerhand, finanziert von den Jägern. Über deren Gründe für ihre Großzügigkeit ist indes nichts bekannt. Möglich, dass sie darauf spekulierten, bei der nächsten Vergabe der Pacht berücksichtigt zu werden. Denn schließlich oblag es seinerzeit dem Magistrat der Stadt, die Jagd zu vergeben. Immerhin ein Magistrat, dem Wilhelm Meßwarb als Bürgermeister vorstand – der gleichzeitig auch Baumeister des Raths-Kellers war. Mehr hätten die Herren den Chef der Stadt kaum pudern können, als mit dieser verspielten Darstellung, die so sehr Geschmack und Stil Meßwarbs entsprach.
Allzu lange nachgewirkt hat die Schenkung aber offensichtlich nicht.
1925 bewarb sich Henning zuletzt um die Pacht. Und wurde nicht berücksichtigt.

Blick auf die Rückseite des Raths-Kellers in den 1980er Jahren: Deutlich ist zu sehen, wo das Fenster einst seinen Platz hatte. Bürger- und Heimatverein Rehburg
Auf einem Foto von der großen Sanierung des Raths-Kellers Anfang der 1980er Jahre ist noch deutlich zu erkennen, wo sich das Fenster ursprünglich befand. Erst 1983, als der Raths-Keller zum Kulturzentrum erhoben wurde und in neuem Glanz erstrahlte, wechselte das Fenster in die Gaststube. Das Treppenhaus hatte weichen müssen – und mit ihm der wertvolle Lichtdurchlass. Es soll im Rehburger Rat eine intensive Diskussion gegeben haben, wo dieses gute Stück zu neuen Ehren kommen könne. Hernach saßen die Ratsleute nach ihren intensiven Sitzungen beim abschließenden Bier mit den anmutigen Putten im Rücken.
Februar 2025
Beate Ney-Janßen

Putten, Jagdszenen und das Rehburger Wappen: So sitzt es sich seit den 1980er Jahren in der Gaststube des Rehburger Raths-Kellers. ade