Klosters Kaffeetafel
Vor dem Adventsmarkt glühen Loccums Backöfen
Adventsmarkt im Kloster Loccum! Am Samstag, 30. November ab 14 Uhr, und Sonntag, 1. Dezember ab 11 Uhr, ist es wieder soweit. Der Kreuzgang wird zur Budenmeile, Musik erklingt in der Stiftskirche von vielen Gruppen, vor dem Konventshaus tummeln sich Buden und Büdchen und werden von Gästen umlagert, Kinder können auf Ponys reiten oder sich vorlesen lassen. Das Kloster liefert dazu ein stimmungsvolles Ambiente, das diesen Markt zu einem der schönsten in weitem Umkreis macht.
Foto: ade
Verlass ist außerdem immer darauf, dass im ehrwürdigen Refektorium eine riesige Kaffeetafel aufgebaut wird. Jeder Kuchen, jede Torte darauf ist zuvor in Loccumer Küchen mit viel Liebe und einigem Ehrgeiz gebacken worden. Die süßen Leckereien bekommen Gäste von einigen der Bäcker:innen überreicht. Mit Lächeln und dem Wunsch für guten Appetit. Darunter eine, die eigentlich immer schon hinter den Tischen und zuvor am glühenden Backofen gestanden hat: Hilde Lampe.
„1973 habe ich zum ersten Mal mitgemacht“, erzählt Lampe während sie einen Hefeteig knetet. Als die 84-Jährige vor 51 Jahren ihren ersten Kuchen für einen Adventsmarkt buk, war sie noch eine junge Frau. Nun stehen drei Generationen in der Küche und schaffen das Werk für den Adventsmarkt nach überlieferten Rezepten gemeinsam.
Wenn Oma Hilde backt, schauen ihr zwei Generationen zu – und packen auch selbst mit an. ade
Ob sie ihr Rezeptbuch einmal aufblättern könne? Auf diese Frage antwortet Hilde Lampe nur mit einem Lächeln – und Enkelin Mathilde erklärt, dass Omas Rezepte fest verankert in deren Kopf stecken – weswegen alle, die mittlerweile zum Backen um den Tisch versammelt sind, auch sehr genau spuren, wenn Oma sagt, wo es langgeht.
Zu Mathilde haben sich deren Cousinen Paula und Karoline gesellt, ebenso wie Hildes Tochter Bettina Lampe-Beinlich. Weil es Spaß macht, das gemeinsam zu tun. Und weil sie ihren Kopf erneut trainieren können, um sich Oma Hildes Rezepte einzuprägen.
In der Küche des Bauernhauses bollert der Holzofen. Hilde Lampe wirft schnell ein Scheit nach. „Sonst geiht de doch ut!“, ruft sie in die Runde. Rund 60 Jahre sei sie nun verheiratet, das hier sei der vierte Ofen. Doppelt so teuer wie der Elektro-Ofen direkt daneben. Egal. Auf dieses Stückchen Tradition mit gemütlicher Wärme wollte sie nicht verzichten.
Tradition hat auch, dass kein Thermomix ihr das Backen erleichtert. Nicht einmal ein Handrührgerät kommt an diesem Tag zum Einsatz. Mehl, Zucker, Butter kommen in eine Schüssel. Mit geübten Handgriffen knetet sie alles zu einem geschmeidigen Teig.
In der Küche von Hilde Lampe entstehen die Kuchen noch in Handarbeit. ade
Als sie begann, für den Markt zu backen, da sei noch im Gemeindehaus gefeiert worden, erzählt Hilde Lampe. Viel kleiner und mit weniger Ambiente. Doch dann habe ein Prior das Kloster mehr öffnen wollen. So kam es 1994 zum ersten Adventsmarkt im Kreuzgang.
Wie das früher einmal war, kann Hilde Lampe sehr genau an dem Ordner nachvollziehen, den sie mit Zeitungsartikeln zum Adventsmarkt gefüllt hat. Auf manchen der Fotos ist sie selbst zu sehen – gerne in alter Loccumer Tracht, die für solche Tage aus dem Schrank geholt wird.
Erinnerungsbuch zum Adventsmarkt: In einem Ordner hat Hilde Lampe Zeitungsartikel gesammelt. ade
Aber auch einige andere Traditionen lassen sich darin nachvollziehen. Die der Loccumer Adventsmappe beispielsweise. Eine Mappe, die über viele Jahre an den Ständen kontinuierlich mit Rezepten, Bastelanleitungen und Loccumer Adventsgeschichten gefüllt werden konnte. Die Mappe gebe es leider nicht mehr, sagt sie. Verlass ist aber immer noch darauf, dass andere Loccumerinnen sich zusammentun, um die vier großen Kronen mit Tannengrün zu schmücken, die in der Adventszeit nach und nach im Kirchenschiff hochgezogen werden. Wer sehen will, wie solch eine Kunst gelingt, geht am Samstag in die Kirche.
Tradition: Loccumer Frauen binden die Adventskronen für die Klosterkirche – hier 2016. ade
Bis 2022 wurde der Adventsmarkt in jedem zweiten Jahr lediglich an einem Samstagnachmittag im Kreuzgang gefeiert. In diesem Jahr wird es der zweite Markt sein, der im Kreuzgang federführend von Kloster und Kirchengemeinde, auf dem Platz zwischen Klostertor und Kirche hingegen von Loccums Handwerker- und Gewerbeverein vorbereitet wird. Und nun nicht nur für einen Tag, sondern für zwei Tage öffnet. Viel mehr Zeit und viel mehr Markt, die bei der Premiere vor zwei Jahren durchweg Beifall ernteten.
Das bedeutet allerdings auch, dass noch mehr Kuchen verzehrt werden. Für jeden Tag kalkulierten sie mit 50 Kuchen, sagt die Kirchenvorstandsvorsitzende Insa Mayland-Quellhorst. Die sich biegende Tafel am Samstag sei bereits gesichert. Wer spontan für den Sonntag noch eine Spende anbieten möchte, setzt sich mit ihr unter (05766) 9419291 in Verbindung.
Da geht viel über den Tisch: Auch wenn die Kaffeetafel 2018 ausnahmsweise wegen Renovierungen im Kreuzgang in der Kirche aufgebaut werden musste. ade
Aus Hilde Lampes Küche steht unter anderem immer ein Butterkuchen auf dem Tisch. Einer, den sich auch Loccums ehemaliger Klosterbäcker Wilfried Wiegrebe auf der Zunge zergehen lässt. Das will etwas heißen. Er hat schließlich über Jahrzehnte die Notablen des Landes beim Epiphaniasempfang im Kloster mit seinem Butterkuchen erfreut.
In der Küche steckt unterdessen Sohn Cord Lampe den Kopf zur Tür herein und fragt, ob schon etwas zum Naschen da sei. Erst wird er von der versammelten Weiblichkeit ausgelacht, dann darf er doch von den ersten Keksen probieren.
Tochter Bettina Lampe-Beinlich steht mittlerweile wie ihre Mutter schon seit vielen Jahren hinter dem Kuchenbüfett beim Adventsmarkt. „Und immer versuche ich, Freundinnen zu motivieren, auch mitzukommen“, sagt die 52-Jährige. Damit die Loccumer Kaffeetafel erhalten bleibt.
Das ist dringend notwendig, so begehrt, wie sie immer ist. Hilde Lampe weiß ein Lied davon zu singen, dass manche es überhaupt nicht abwarten können, ihren Teller gefüllt zu bekommen. „Wenn der Markt um 14 Uhr beginnt, stehen die ersten schon eineinhalb Stunden vorher vor der Tür.“
Dezember 2024
Beate Ney-Janßen